Dem Finanzkonzern AWD droht in Österreich eine Welle von Klagen. Anleger werfen dem Unternehmen vor, es habe ihnen hochspekulative Anlagen als sichere Investitionen verkauft. Der österreichische Verein für Konsumenteninformationen (VKI) beklagt, der Hannoversche Finanzdienstleister habe Aktien von Immofinanz und Immoeast als „mündelsicher“ angeboten. Die beiden Immobilienfirmen haben seit Mitte 2007 insgesamt 80 Prozent an Wert verloren. Mittlerweile wurden die Firmen zu einer Aktiengesellschaft verschmolzen.
Das Wiener Handelsgericht hat Mittwoch eine Sammelklage zugelassen: 1305 Anleger fordern insgesamt 21 Millionen Euro von AWD zurück. Das Gericht hatte bereits im März eine weitere Klage von 125 Anlegern zugelassen, bei der es um einen Streitwert von über zwei Millionen Euro geht.
Darüber hinaus drohen dem Unternehmen noch drei weitere Sammelklagen des VKI, über deren Zulassung das Gericht derzeit noch entscheiden muss. Außerdem könnten bald Einzelklagen in der Höhe von bis zu 18 Millionen Euro folgen. Die Fälle reichten laut VKI bis in die 1990er Jahre zurück. Derzeit hätten über 2 500 Anleger das Unternehmen verklagt. AWD spricht dagegen von weniger als 2 000 Kläger.
Der Verein für Konsumenteninformation wirft AWD vor, Kunden systematisch fehlberaten zu haben. Hingegen weist das Unternehmen darauf hin, dass bereits einige Klagen abgewiesen worden seien. AWD beschuldigt den Finanzdienstleister Fortis, die VKI-Klage zu finanzieren, um eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Da sich beide Parteien nicht auf ein Vergleichsangebot einigen konnten, soll jetzt das Wiener Handelsgericht den Streitfall prüfen.
Das Tochterunternehmen AWD Österreich wollte bis November 2007 ein Massengeschäft erhalten und versuchte Mitarbeiter zu motivieren, möglichst viele Aktien der Immofinanz und Immoeast zu verkaufen. Dafür erhielten die AWD-Berater beträchtliche Provisionen für die Kundengewinnung und das Halten bestehender Depots. Laut eines Gutachtens betrugen die Provisionen je nach Anlagesumme zwischen 1,7 und 5,5 Prozent. Das Unternehmen bestreitet allerdings, seinen Mitarbeitern höhere Provisionen gezahlt zu haben als bei anderen Produkten. Zudem habe es zu keiner Zeit Anweisung gegeben, bestimmte Aktien bevorzugt zu verkaufen. Es liege in der Entscheidung des Beraters, welche Produkte er nach dem Beratungsgespräch dem Kunden empfehle. |