Drei Jahre nach Ausbruch der Wirtschaftskrise hat ein deutscher Wirtschaftsminister wieder das Wort “Vollbeschäftigung” ausgesprochen. Schon im Herbst könnte die Hürde von 3 Millionen Arbeitslosen unterschritten werden. Doch Experten warnen vor zu grosser Freude, denn bis sich der Arbeitsmarkt ganz erholt hat, ist es noch ein langer Weg.
Wenn man sich die Arbeitslosenzahlen ein bischen genauer anschaut, dann kann man von viel mehr als 3,19 Millionen Menschen sprechen. Rund eine halbe Million Menschen arbeiten im Rahmen der staatlich geförderten Kurzarbeit, auch wenn diese Zahl in der letzten Zeit eine sinkende Tendenz bewiesen hat. Eine weitere Million Menschen können zur Zeit nicht als Arbeitlose in Betracht gezogen werden, weil sie an verschiedenen arbeitsmarktpolitischen Massnahmen teilnehmen. Ausserdem gibt es noch Studenten und Rentner, die am Arbeitsmarkt teilnehmen möchten, aber die als Arbeitslose nicht definiert werden können. Von diesem Standpunkt aus gesehen, rückt die Zahl der “wirklichen” Arbeitslosen auf 5 Millionen auf.
Die Nachfrage seitens der Unternehmer könnte den Abbau der Arbeitslosigkeit nur noch verlangsamen. Diese Nachfrage ist aber anzuzweifeln, da die deutsche Exportindustrie gerade jetzt ein zehn Jahreshoch erlebt, nachdem sie noch vor der Finanzkriese mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Niemand ist sich sicher wie lange dieser Aufschwung der Industrie anhalten wird, und auch die Erholung in den Vereinigten Staaten wird als vorrübergehend angesehen. Diese Unsicherheiten spiegeln sich auch in den Schwankungen an der Börse und auf dem Finanzmarkt wieder.
Arbeitsmarktreformen der ehemaligen rot-grünen Regierung haben dazu beigetragen, dass neue Arbeitsplätze immer seltener geschaffen werden. Früher haben Arbeitgeber bei Anzeichen einer Stabilisierung nicht sofort mit Neueinstellungen begonnen, sondern liessen die Arbeitnehmer lieber Überstunden schieben. Heute gibt es dafür eine bessere Lösung undzwar die Zeitarbeit. So muss man keine neueingestellten Mitarbeiter entlassen, falls der Aufschwung doch nicht halten sollte und das Unternehmen wieder in Schwierigkeiten gerät.
Diese neue Strukturierung der Arbeitsverhältnisse sollte von den Gewerkschaften geklärt werden, obwohl sie nur 2 Prozent des Marktes beträgt. Man kann also kaum davon sprechen, dass diese Art der Arbeitnahme als regelmässig anzusehen ist. Die Löhne für Hilfskräfte betragen um die 7,60 Euro die Stunde. Diese Zahl kann aber, abhängig vom Arbeitsort und Gewerkschaft schwanken. Die DGB-Mitgliedsgewerkschaften haben zum Beispiel Tarifverträge mit deutlich niedrigeren Löhnen abgeschlossen. Untersuchungen zeigen, dass diese extremen Löhne für Minijobs gezahlt werden. Um diese Situation zu verbessern muss man sich im Rahmen der Reformen zukünftig bemühen.
Die Alternative zu Festanstellung lautet also Zeitarbeit. Die Frage ist ob es auch eine bessere Alternative ist als die Arbeitslosigkeit und die weitere Suche nach einer Festanstellung. Der Arbeitsmarkt sollte offener für Neueinsteiger werden und die Möglichkeiten nach einer Weiterbildung sollten offener sein, um einen wirklichen Aufschwung des Arbeitsmarktes zu erreichen. |