In den Vereinigten Staaten hat man die Bedeutung von Schiefergas zur Energiegewinnung stark unterschäzt. Um die Jahrtausendwende wurde zum Beispiel kaum Schiefergas gefördert, heute liegt der Anteil auf 12 Prozent und diese Zahl wird in den nachfolgenden Jahren nur noch steigen. In Europa möchten die grossen Energiekonzerne diesen Fehler nicht begehen. Alle wollen sie im Rennen um neue Gasreserven als erste durchs Ziel laufen.
In nur wenigen Jahren verwandelte sich die USA aus einem importabhängigen Land zu einem der grössten Gasproduzenten der Welt. Das geschah wegen den unkonventionellen Gasvorkommen, wie Tight Gas und Shale Gas. Nach Vorhersagen soll schon 2020 Rund 70 Prozent des Erdgases aus diesen unkonventionellen Quellen kommen. Auch bei Energiekonzernen gewinnt Gas gegenüber Öl immer mehr an Bedeutung.
Daniel Yergin, der Pulizerpreisträger und Wirtschaftswissenschaftler hält Schiefergas für die grösste Innovation im Energiebereich, der in diesem Jahrzehnt gemacht wurde. Dieses Vorkommen wird auf 450 Billionen Kubikmeter geschätzt, viel mehr als die Zahl auf die die noch vorhandenen Reserven geschätzt wurden. Als Vergleich ist der weltweite jährliche Verbrauch 2,95 Billionen Kubikmeter.
Die Förderung des Schiefergases wurde erst durch die Einführung neuer Bohrmethoden möglich. Diese neuen Methoden machen es möglich horizontale Bohrungen durchzuführen. Die tief unter der Erde liegende Steinschicht wird aufgesprengt und anschliessend wird Sand benutzt damit das Gas zwischen den Poren des Gesteins zum Borloch aufsteigen kann. Schiefergas findet man mehrere Tausend Meter unter der Erdoberfläche. Entstanden ist es aus organischem Material, aus dem abgestorbenen Plankton, der sich ohne Sauerstoff und wegen dem Druck des Erdmantels in Gas umgewandelt hat.
Kleinere, unabhängige Gasunternehmen haben damals in den USA auf die vergessenen Gasvorkommen zugeschlagen und auch einen riesigen Gewinn erzielt. Grosse Multikonzerne mussten sich entweder bei diesen einkaufen oder das Unternehmen ganz aufkaufen. So geschah es auch mit XTO Energy der vom Konzernriesen Exxon für eine Rekordsumme von 41 Milliarden Dollar gekauft wurde.
Die Konzerne müssen aber bedenken, dass die Gasvorkommen in Europa viel kleiner sind als in den Vereinigten Staaten. Das nehmen aber Konzerne wie Shell und Chevron gerne in Kauf wenn es um den ersten Platz bei der Sicherung der Abbaugebiete geht. Dazu kommt noch, dass die Gasvorkommen viel tiefer liegen als in den USA. Tiefen von 4.500 bis 10.000 Metern sind keine Seltenheit. Die dichte Besiedlung und die Umweltvorschriften dürften die Kosten für die Bohrungen nochmals in die Höhe treiben. Günstiger hingegen ist das Land auf dem die Bohrungen stattfinden sollten.
Die aussichtsreichsten Länder sind Polen, Schweden und Deutschland. Von diesen drei sind die Vorkommnisse in Poland wohl die grössten. Damit könnte sich Polen zur Gas-Grossmacht auswachsen. Abgesehen davon ist es für ganz Europa wichtig, sich hinsichtlich der Gasenergie von Russland zu distanzieren. Wenn die Schätzungen korrekt sind, dann könnte das unangezapfte Schiefergas Europa für die nächsten 60 Jahre versorgen. |